Wann wird aus Produkten Abfall?

    


 

Abgrenzung Abfall/Produkt

Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

1. Entledigung
Eine Entledigung liegt vor, wenn der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung gemäß Anlage 2 oder einer Beseitigung nach Anlage 1 zuführt oder zweckhaft ohne jegliche Alternative die tatsächliche Sachherrschaft aufgibt. Um diese dritte gesetzlich vorgesehene Möglichkeit prüfen zu können, muss zunächst der Begriff der tatsächlichen Sachherrschaft definiert werden. 

Unter tatsächlicher Sachherrschaft ist die Herrschaftsgewalt über eine Sache dergestalt zu verstehen, dass der Verwirklichung des Willens zur Einwirkung auf die Sache unter normalen Umständen keine wesentlichen Hindernisse entgegenstehen.

Ob die tatsächliche Gewalt über eine Sache ausgeübt wird, bestimmt sich nach der sogenannten Verkehrsauffassung. Als notwendige Kriterien für die tatsächliche Sachherrschaft sind eine räumliche Nähe zur Sache, eine gewisse zeitliche Dauer der Herrschaft und ein Wille zum Besitz erforderlich. Der Besitzbegründungswille wird gefordert, weil das zur Herrschaft notwendige Herrschaftsverhältnis einen entsprechenden Willensakt voraussetzt. Dieser ist jedoch kein rechtsgeschäftlicher, sondern ein natürlicher Wille, d.h. es genügt der allgemeine Wille, die tatsächliche Sachherrschaft zu erlangen. Ein solcher Wille wird im Zivilrecht schon dort angenommen, wo eine Sache in einen bestimmten Machtbereich gelangt, an dem ein allgemeiner Besitzwille besteht.

2. Wille zur Entledigung
Über eine Beendigung der tatsächlichen Sachherrschaft hinaus kann auch ein Entledigungswille des Besitzers von Stoffen und Gegenständen zur Begründung der Abfalleigenschaft führen.

Der Wille zur Entledigung ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen,

  • die bei der Energieumwandlung, Herstellung, Behandlung oder Nutzung von Stoffen oder Erzeugnissen oder bei Dienstleistungen anfallen, ohne dass der Zweck der jeweiligen Handlung hierauf gerichtet ist, oder
  • deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt.

Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen.

3. Entledigungspflicht
Der Besitzer muss sich Stoffen oder Gegenständen entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden oder aufgrund ihres konkreten Zustands geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden, und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden kann.